Gründungszuschuss - geschenktes Geld vom Staat

Gründungszuschuss

Der Gründungszuschuss ist ein nicht rückzahlbarer Zuschuss, den Existenzgründer für die Dauer von bis zu 15 Monaten erhalten können.
Der Zuschuss ist geschenktes Geld, er muss also nicht zurück gezahlt werden - auch dann nicht, wenn Sie ihr Unternehmen während oder nach der Förderung wieder schließen.
Der Gründungszuschuss muss nicht versteuert werden. Was Sie mit dem Geld machen entscheiden Sie, denn der Gründungszuschuss ist nicht zweckgebunden.
Während der Förderung mit dem Gründungszuschuss dürfen Sie so viel Gewinn machen wie sie wollen. Der Zuschuss wird nicht mit ihren Gewinnen verrechnet.

Gründungszuschuss - Wer?

Der Gründungszuschuss setzt grundsätzlich voraus, dass Sie arbeitslos sind. Er kann von drei verschiedenen Stellen gezahlt werden: der Agentur für Arbeit, der Rentenkasse oder der Berufsgenossenschaft
Welche Stelle wann für Sie zuständig ist und welche Voraussetzungen Sie sonst noch mitbringen müssen, erfahren Sie weiter unten.

Gründungszuschuss - Wieviel?

Die Förderung läuft über zwei Phasen.
Phase 1: Sie erhalten für die Dauer von sechs Monaten einen Zuschuss, der so hoch ist wie es ihr Arbeitslosengeld wäre + 300 € extra je Monat.
Phase 2: Sie erhalten für die Dauer von neun Monaten einen Zuschuss in Höhe von 300 €/Monat.

Gründungszuschuss - Benötigte Unterlagen

Für den Antrag auf den Gründungszuschuss brauchen Sie die folgenden Unterlagen:

  1. Einen aussagekräftigen Businessplan. Die Erstellung des Businessplans können sich Existenzgründer aus NRW, Bayern und Rheinland-Pfals im Rahmen einer staatlich gefördertenExistenzgründungsberatung mit Sätzen zwischen 50% bis 80% bezuschussen lassen. Sprechen Sie uns bei Interesse gerne an.
  2. Eine fachkundige Stellungnahme. Diese erhalten Sie von uns im Rahmen einer staatlich gefördertenExistenzgründungsberatung gleich mit, so dass Sie den Antrag sofort stellen können.
  3. In der Regel wird der Besuch eines Existenzgründerseminars verlangt.
    In unseren kostenlosen Existenzgründerseminaren erhalten Sie hierzu ein anerkanntes Zertifikat.

Gründungszuschuss von der Arbeitsagentur

Unter folgenden Bedingungen kann der Gründungszuschuss bei der Agentur für Arbeit beantragt werden:
  1. Der Existenzgründer ist arbeitslos und hat bei Beginn der Förderung noch einen Restanspruch auf mindestens 150 Tage Arbeitslosengeld.
    Ausnahme: Menschen mit Behinderungen (im Sinne des §19 SGB III) können den Gründungszuschuss auch dann erhalten, wenn sie einen Anspruch von weniger als 150 Tagen oder keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben.
  2. Der Antrag wurde vor Aufnahme der hauptberuflichen Selbstständigkeit gestellt.
  3. In den letzten 24 Monaten wurde kein Gründungszuschuss bezogen (Ausnahmen möglich).

Der Gründungszuschuss wird zeitlich mit Restansprüchen auf Arbeitslosengeld verrechnet, so dass sich eine freiwillige Weiterversicherung gegen Arbeitslosigkeit empfiehlt.
Während der Förderung können Gewinne in beliebiger Höhe erzielt werden, ohne dass diese mit dem Zuschuss verrechnet werden. Der Existenzründer ist während des Bezugs des Gründungszuschuss nicht über die Agentur für Arbeit sozialversichert.
Die Förderung kann auch beantragt werden, wenn eine zuvor nebenberufliche selbstständige Tätigkeit hauptberuflich ausgeübt werden soll. Diese Regelung ist allerdings vielen Sachbearbeitern nicht bekannt.
Arbeitslosengeldempfänger können ein Gewerbe neben dem Bezug von Arbeitslosengeld nebenberuflich ausüben, wenn die wöchentliche Arbeitszeit unter 15 Stunden liegt, keine Mitarbeiter beschäftigt werden und die Gewerbeanmeldung zuvor mit der Arbeitsagentur abgesprochen wurde. Gewinne, die über 165 €/Monat hinaus gehen, werden vom Arbeitslosengeld abgezogen.

Förderung trotz Sperre beim Arbeitslosengeld

Der Gründungszuschuss kann auch beantragt werden, wenn Sie beim Arbeitlosengeld zunächst gesperrt sind - z.B. wegen einer Pflichtverletzung gegenüber der Agentur für Arbeit, einer Eigenkündigung oder eines Aufhebungsvertrages. Allerdings müssen Sie arbeitslos gemeldet sein. Wird eine Sperre verhängt, so wird die Förderung in der Regel erst nach Ende der Sperrzeit, dann aber für volle Förderdauer, ausgezahlt.
Wichtig: Sie erhalten keinen Gründungszuschuss, wenn Sie nur deswegen gekündigt haben,weil Sie sich selbstständig machen wollten und der Arbeitsagentur nicht für eine Vermittlung zur Verfügung stehen.

So prüft die Agentur für Arbeit

Der Gründungszuschuss ist eine Ermessenleistung. Dies bedeutet jedoch nicht, dass er eine Willkürleistung ist: sind die Voraussetzungen für den Bezug des Gründungszuschuss erfüllt, muss er in der Regel auch gewährt werden - es sei denn, die Mittel sind bundesweit erschöpft.
Eine Voraussetung ist, dass ihr Vorhaben Aussicht auf Erfolg hat. Hierzu benötigen Sie eine positive fachkundige Stellungnahme und den Businessplan.
Es wird ebenfalls geprüft, ob Sie die notwendigen fachlichen und kaufmännichen Kenntnisse für ihr Vorhaben besitzen. Fügen Sie deswegen ihrem Businessplan einen aussagekräftigen tabellarischen Lebenslauf, Zeugniskopien und ggf. Zertifikate über den Besuch eines Existenzgründerseminars bei.
Schließlich prüft die Arbeitsagentur noch ihre Bedürftigkeit. Wenn Sie in den ersten sechs Monaten in ihrem Businessplan gleich hohe Gewinne ausweisen, wird der Antrag abgelehnt.

Wichtig: Bislang galt beim Gründungszuschuss ein Vermittlungsvorrang in den ersten Arbeitsmarkt. Dieser ist nun weggefallen (§4 SGB III Abs. 2: " Der Vermittlungsvorrang gilt nicht im Verhältnis zur Förderung von Existenzgründungen mit einem Gründungszuschuss").


Folgeförderung beantragen

Der Gründungszuschuss wird zunächst für sechs Monate bewilligt. Danach müssen Sie einen Antrag auf eine Folgeförderung für weitere neun Monate (300 Euro/Monat) stellen.
Hierzu müssen Sie der Agentur für Arbeit einen aussagekräftigen Geschäftbericht vorlegen, der Aussagen über ihre bisherigen Geschäftstätigkeit und über die zukünftige Geschäftsentwicklung enthält.
Wir können ihnen dabei im Rahmen einer staatliche geförderten Unternehmensberatung behilflich sein.


Besteuerung & Krankenversicherung

Der Gründungszuschuss ist kein Betriebserlös. Beim Erstellen des Businessplans wird er daher nicht in der Gewinnermittlung als Betriebserlös aufgeführt.
Der Gründungszuschuss wird ebenfalls nicht in der Gewinnermittlung gegenüber dem Finanzamt als Betriebserlös aufgeführt. Er steht ebenfalls nicht unter Progressionsvorbehalt. Der Gündungszuschuss ist zu 100% steuerfrei.
Die gesetzliche Krankenversicherung sieht den Gündungszuschuss allerdings als Einkommen an und erhebt hierauf Krankenkassengebühren.
Ausgenommen hiervon sind allerdings die zusätzlichen 300 Euro/Monat, die es im Unterschied zum Arbeitslosengeld gibt.


Gründungszuschuss von der Rentenkasse

Der Existenzgründungszuschuss kann ebenfalls von der Rentenversicherung als sogenannte Teilhabe am Arbeitsleben gezahlt werden, wenn Sie noch mindestens einen Tag Anspruch auf Arbeitslosengeld haben.
Persönliche Voraussetzungen:

  1. Die Erwerbsfähigkeit ist wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert und voraussichtlich kann eine Minderung der Erwerbsfähigkeit abgewendet werden oder
  2. die Erwerbsfähigkeit kann gebessert oder wiederhergestellt werden oder
  3. die Erwerbsfähigkeit kann erhalten werden.

Versicherungsrechtliche Voraussetzungen(§ 11 SGB VI):
  1. Erfüllung der Wartezeit von 15 Jahren (= z.B. die Zeit, in der Beiträge gezahlt wurden bzw. Zeiten, in denen Rentenanwartschaften erworben wurden, z.B. Kindererziehungszeiten) oder
  2. Bezug einer Erwerbsminderungsrente oder
  3. Anspruch auf große Witwen/Witwer-Rente (Rentenversicherung) wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder
  4. unmittelbarer Anschluss an die Medizinische Rehabilitation der Rentenversicherung bei voraussichtlich erfolgreicher Reha.

  5. Den Antrag stellen Sie bei ihrer Rentenversicherung, Sie benötigen die gleichen Unterlagen wie bei der Agentur für Arbeit.


Gründungszuschuss von der Berufsgenossenschaft

Bei beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen über die Berufsgenossenschaft (BG) kann der Gründungszuschuss ebenfalls über die BG gezahlt werden.
Grundlage ist §35 des Sozialgesetzbuchs II (Teilhabe am Arbeitsleben), der regelt:

    "Die Unfallversicherungsträger erbringen die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach den §§ 33 bis 38a des Neunten Buches..."
    § 39 des Neunten Sozialgesetzbuchs regelt:
    "Zur Teilhabe am Arbeitsleben werden die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern."
    Als Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben nennt § 39 des Neunten Sozialgesetzbuchs unter anderem den Gründungszuschuss, abzuwickeln über den Rehabiliationsträger, also im Falle einer Reha über die BG.


Antrag abgelehnt - was nun?

Auch wenn der Gründungszuschuss eine Ermessensleistung ist - er ist keine Willkürleistung. Wenn Sie alle o.g. Punkte erfüllen, muss er auch bewilligt werden.
Der Antrag kann dann nur noch abgelehnt werden, wenn die Mittel erschöpft sind, und zwar bundesweit, nicht nur regional bei ihrer Arbeitsagentur.
Gegen einen ablehnden Bescheid können Sie Widerspruch einlegen und - falls das nicht erfolgreich sein sollte - vor dem Sozialgericht klagen.

Weitere Förderprogramme für Existenzgründer finden Sie in unserer Fördermitteldatenbank. (Alle Angaben ohne Gewähr)


FAQ

Die Arbeitsagentur weigert sich, mir den Antrag für den Gründungszuschuss auszuhändigen. Mein Antrag hätte ohnehin keine Aussicht auf Erfolg. Ist das rechtens?
Sie haben einen Anspruch darauf, dass man ihren Antrag prü,ft und ihnen einen rechtsfähigen Bescheid zusendet. Falls der Antrag abgelehnt wird, können Sie Rechtsmittel einlegen
Darf mir die Arbeitsagentur die Industrie- und Handelskammer als fachkundige Stelle vorschreiben?
Das darf sie definitiv nicht. Fachkundige Stellen sind die Kammern, Startercenter, Banken, Unternehmens- und Steuerberater.
Ich schaffe es einfach nicht, alle Unterlagen für den Gründungszuschuss vor Ablauf der 150 Tagesfrist zusammenzutragen.
Sie können sich ggf. für ca. 1 Monat bei der Arbeitsagentur aus dem Bezug von Arbeitslosengeld abmelden, um so mehr Zeit zu gewinnen.
Ich kann den Gründungszuschuss nicht mehr beantragen, da ich keinen Restanspruch auf 150 Tage Arbeitslosengeld mehr habe.
Prüfen Sie, ob Sie nach Ende des Arbeitslosengeldbezuges Anspruch auf Hartz IV haben. In diesem Fall können Sie die Förderprogramme des Jobcenters beantragen. Muss ich den Existenzgründerzuschuss zurückzahlen, wenn ich während der Förderung meine Existenzgründung aufgebe?
Nein, Sie können jederzeit ihre Selbstständigkeit beenden.
Kann ich nach Ende der Förderung wieder Arbeitslosengeld beantragen?
Sollten noch Restansprüche auf Arbeitslosengeld beziehen, können Sie auch wieder Arbeitslosengeld beantragen.
Kann der Gründungszuschuss auch zurückgefordert werden?
Der Zuschuss kann zurückgefordert werden, wenn Sie scheinselbstständig waren oder ihn mit betrügerischen Angaben erschlichen haben. In der Praxis kommen Rückforderungen so gut wie nie vor.


Urteile der Sozialgerichte

Sozialgericht Dortmund 26.03.2015S 53 AL 256/13
Unser Kunde Rechtsanwalt Bendikt Bilstein aus Lippstadt, hat vor dem Sozialgericht Dortmund einen zweijährigen Kampf um den Gründungszuschuss gewonnen.
Die 53. Kammer des Sozialgerichts Dortmund stellte in der mündlichen Verhandlung fest:
"Nach eingehender Erörterung der Sach- und Rechtslage weist der Vorsitzende darauf hin, dass die Ablehnung des Gründungszuschusses an erheblichen Ermessensfehlern leiden dürfte. Die Kammer hat schon Zweifel daran, ob das Ermessen überhaupt ausgeübt worden war. Denn Vieles spricht dafür, dass die Entscheidung, die Leistung abzulehnen, schon im Vorfeld feststand, ohne dass man sich mit den Umständen des Einzelfalls auseinander gesetzt hätte. Es ist nicht erkennbar, dass man tatsächlich Festellungen getroffen hat, wie viele Stellen dem Kläger und seinen subjektiven Fähigkeiten zur Verfügung standen bzw. wie viele Mitbewerber es auf diese Stellen noch gab."
Im Klartext: Die Agentur für Arbeit Meschede-Soest, die nach unseren Erfahrungen den Gründungszuschuss nur sehr restriktiv vergibt, hat nach Meinung des Gerichts einfach abgelehnt, ohne sich vorher die Mühe zu machen, den Sachverhalt auch nur zu prüfen. Leider sind solche Willkürentscheidungen bundesweit keine Einzelfälle. Nach dieser schallenden Ohrfeige durch das Gericht ruderte die Agentur für Arbeit zurück und schloss kleinlaut einen Vergleich: Bendikt Bilstein erhielt den Gründungszuschuss, herzlichen Glückwunsch.

LSG Nordrhein-Westfalen · Beschluss vom 28. November 2013 – L 9 AL 81/13
Zur Ermessensausübung hinsichtlich der Bewilligung eines Gründungszuschusses weiterlesen.

SG Mannheim Urteil vom 23.8.2012, S 14 AL 2139/12
Leitsätze

  1. Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 93 Abs. 1 SGB III vor und legt sich die Behörde in einer Eingliederungsvereinbarung auf einen Beruf als Eingliederungsziel fest, der typischerweise selbständig ausgeübt wird, reduziert sich ihr Entschließungsermessen regelmäßig auf Null.
  2. Einem Versicherten, der eine Ausbildung zum Golflehrer absolviert hat, die nicht unter das Berufsbildungsgesetz fällt, ist eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu Beginn des Alg-Bezugs unzumutbar (§ 140 SGB III).
  3. Die weitere Rechtsverfolgung einer Behörde ist dann missbräuchlich im Sinne des § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG, wenn ihr (vor)prozessuales Verhalten einzig und allein auf die Ablehnung einer Sozialleistung gerichtet ist, ohne den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung zu tragen.

SG Karlsruhe Urteil vom 17. Januar 2013 Az. S 16 AL 949/12
Das Inaussichtstellen eines Gründungszuschusses per E-Mail, das die Voraussetzungen einer Zusicherung zwar nicht erfüllt, beim Antragsteller aber gleichwohl ein berechtigtes Vertrauen in die Fördervoraussetzungen begründet, kann das Entschließungsermessen auf Null reduzieren. Ändern sich die gesetzlichen Voraussetzungen, ist die Agentur für Arbeit in einem solchen Fall in der Pflicht, den Antragsteller zu informieren, so dass er sein Verhalten danach ausrichten und zulässige Gestaltungsmöglichkeiten wahrnehmen kann (hier: Gesetzesänderung zum 01.01.2012).

Das Bundessozialgericht zur Auslegung der 150 Tage Frist BSG: B11 AL 11/09 R, 5.5.2010
Der Auffassung des LSG, ein Anspruch auf eine Entgeltersatzleistung iS des § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Buchst a SGB III müsse noch am Tag vor der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit bestehen, ist der Senat nicht gefolgt. Nach Sinn und Zweck des § 57 SGB III sowie unter Berücksichtigung der Rechtsentwicklung kann vielmehr ein Anspruch auf einen Gründungszuschuss schon dann bestehen, wenn der Arbeitslose in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit die Anspruchsvoraussetzungen für eine Entgeltersatzleistung erfüllt. Ein solcher enger zeitlicher Zusammenhang ist gewahrt, wenn zwischen dem Bestehen eines Anspruchs auf die Entgeltersatzleistung und der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit nicht mehr als etwa ein Monat liegen. Dies ist beim Kläger der Fall, da er am 1.10.2006 Alg bezogen und spätestens am 12.10.2006 die selbständige Tätigkeit aufgenommen hat.

SG Karlsruhe Urteil vom 19. Juli 2012 Rückforderung GründungszuschussAz. S 16 AL 1081/11

SG Trier Urteil vom 01.02.2013 Az. S 1 AL 80/12
Falsche Entscheidung der Arbeitsagentur bei geringer Anzahl freier Stellen
  1. Bei der Entscheidung über die Bewilligung eines Gründungszuschusses darf die Agentur für Arbeit im Rahmen ihres Ermessens der Vermittlung in ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis Vorrang vor der Förderung einer selbständigen Existenzgründung einräumen.
  2. Die Ermessensausübung ist dann ermessensfehlerhaft, wenn die Anzahl der aktuell freien Stellen im bisherigen Beruf des Arbeitslosen im Tagespendelbereich gering ist.
  3. Stellenangebote als Filialleiter in anderen Branchen als der, in der der Arbeitslose bisher gearbeitet hat, rechtfertigen im Rahmen pflichtgemäßer Ermessenausübung nicht die Ablehnung der Gewährung eines Gründungszuschusses.

Bundessozialgericht Urteil vom 6. Dezember 2007 B14/7b AS 16/06 R:
Anrechnung des Gründungszuschuss auf Arbeitslosengeld II (Hartz IV).

SG Gießen Urteil S 14 AL 6/13 vom 29.04.2015: Kein Gründungszuschuss bei zu hoher Abfindung
Ein Arbeitsloser, der sich selbständig machen will, kann hierfür einen Gründungszuschuss der Arbeitsagentur erhalten. Dieser Zuschuss wird zunächst für 6 Monate in Höhe des zuletzt bezogenen Arbeitslosengeldes zuzüglich 300 Euro pro Monat gezahlt und kann für weitere 9 Monate verlängert werden. Er setzt u.a. voraus, dass der Arbeitslose die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist, dies durch eine fachkundige Stelle bestätigt wird und der Arbeitslose über die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit verfügt.
Gründungszuschuss ist Ermessensleistung
Allerdings steht der Zuschuss im Ermessen der Arbeitsagentur, d.h. die Agentur kann, muss aber nicht leisten. Hieran ist ein 59 Jahre alter Mann aus der Wetterau mit seiner Klage vor dem Sozialgericht Gießen gescheitert. Vor seiner Arbeitslosigkeit hatte der Mann mehr als 30 Jahre bei einem großen mittelhessischen Heiztechnikunternehmen gearbeitet. Aufgrund einer Verlagerung des Betriebes wurde das Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von etwas mehr als 170 000 Euro brutto (rund 130 000 Euro netto) aufgelöst. Er bezog zunächst Arbeitslosengeld und stellte dann einen Antrag auf einen Gründungszuschuss für die Errichtung einer GmbH & Co. KG zusammen mit einem Partner. Geschäftsidee war der Verkauf und die Reparatur heiztechnischer Austauschteile. Das Gewerbe wurde dann auch angemeldet. Die Firma besteht noch.
Abfindung muss reichen
Die Agentur für Arbeit Gießen lehnte den Antrag ab und begründete dies damit, der zuvor Arbeitslose verfüge aufgrund seiner Abfindung über genügend finanzielle Ressourcen, um das Gründungsvorhaben selbst zu finanzieren. Im Klageverfahren bezog der Kläger sich auf eine Aufstellung zur Vermögenslage, aus der u.a. hervorgeht, dass er mit der gezahlten Abfindung mehrere Kredite abgelöst hatte. Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen. Überbrückungsgeld verfolge den Zweck, den Lebensunterhalt in der ersten Zeit nach der Existenzgründung zu sichern. Der Lebensunterhalt sei aber hier durch die gezahlte Abfindung gesichert gewesen. Der Gründungszuschuss diene nicht dazu, einem Antragsteller die Ablösung von Darlehen zu ermöglichen. Die Ermessenentscheidung der Agentur für Arbeit sei daher nicht zu beanstanden, zumal diese auch die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten habe.